Jetzt fährt sie wieder, diese Rasselbande
Lang war sie, die Winterpause. Wie immer. Gut, dass es nun endlich wieder los ging mit dieser Raserei am geliebten, am gehassten Eurospeedway Lausitzring: Saisonauftakt für die Triumph-Challenge und den Triumph Street Triple-Cup.
Love him. Or leave him. Fragt man Motorradrennfahrer vom Amateur bis hin zum Profi nach ihrem Verhältnis zum Lausitzring (= him), dann bekommt man knackig-kurze Antworten. Entweder ein: irgendwie schon geil. Oder ein: das wirklich Allerletzte. Gehört renaturiert, das Ding.
Womit man diesem Mahnmal für die Fehlinvestition von Abermillionen dann aber doch reichlich Unrecht antut. Die Strecke wird nämlich zum Einen von freundlichen Menschen professionell gemanagt und sie zeigt sich nach einer Renovierung einiger Passagen etwas berechenbarer, was die Gripverhältnisse angeht. Die gefürchteten Wellen im Asphalt ließ man hingegen unangetastet. Sowas wie ein Alleinstellungsmerkmal, sozusagen. Sogar das ruppige Most in Tschechien fühlt sich im Vergleich glatt wie ein Babypopo an.
Alles Jammern hilft sowieso nix, wie so oft im Leben. Also rückte die mit vielen neuen Gesichtern geschmückten Fahrerfelder der Triumph-Challenge am 16. und 17. Mai mit beachtlichen 34 Startern und der Triumph-Cup mit respektablen 23 Teilnehmern auf besagtem Lausitzring hoffnungsfroh hinaus in eine neue Rennsaison.
Der Triumph-Cup überraschte dabei sogar die selbsternannten Kiebitze im Fahrerlager. Diese selbsternannten Auguren der Rundenzeiten, die man in Rennfahrerkreisen überall findet. Gerne auch an der Boxenmauer. Und selbige Kiebitze hatten vorausgeahnt, dass der T-Cup nach dem Abwandern einiger schneller Buben zu einem gemütlichen Gentleman-Racing-Club mutieren würde. Vorjahresmeister Gabriel Noderer, dessen Vize Tim Holtz samt seinem Bruder im Geiste, Ole Bartschat, waren unisono in die Triumph-Challenge gewechselt, andere, wie beispielsweise Bikebuilder Marcus Walz, beinahe schon so etwas wie das Maskottchen des T-Cup, legen ein Rennfahrer-Sabbatical ein.
Mit dem Gentleman-Quatsch machten die Herren dann ratzfatz kurzen Prozess. Hatte sich schon in den beiden Zeittrainings angekündigt. „Die Kaufmänner nehmen Drogen. Irgendein Zeug, das hemmungslos schnell macht“, war hinter vorgehaltener Hand zu hören. Gemeint waren Jörn Kaufmann und dessen Onkel Harald, ältester T-Cup-Teilnehmer dieses erlesenen Jahrgangs. Onkel Harald war in der letzten Saison zumeist etwas vor seinem Neffen unterwegs und immer für Top Ten-Plätze gut. Nun stand er eins hinterm Neffen. Der hatte völlig überraschend die Pole Position geholt. Auf der Drei: Oli Martin. Ein Hamburger Jung. Gestählt durch jahrelange Teilnahme am T-Cup. Zum Start seiner T-Cup-Karriere agierte er wild und unbeständig, tauchte gern einmal diskret im Mittelfeld ab. Wahlweise auch ins Kiesbett. Doch nun ist alles anderes. Wie bei den beiden Kaufmännern.
Was die Rundenzeiten erodierte. Nur ein schnelles Feld macht schneller. Diese ebenso alte, wie immer noch gültige Wahrheit predigen nicht nur die berüchtigten Kiebitze. Und sie trifft zu. Aber sowas von. Die Rundenzeiten liegen auf T-Cup-Rekordniveau, unterbieten, am Rande bemerkt, auch diejenigen der neue Supernaked-Klasse, die in der Superbike-IDM die Supersport-Klasse auffüllen soll und die neulich am Lausitzring ihre Premiere feierte.
Das Paket aus Triumph Street Triple, Öhlins-Fahrwerkskit und Bridgestone-Slicks schafft perfekte Voraussetzungen für allerbeste Leistung. Wenn, ja, wenn der Fahrer respektive dessen Kopf mitspielt. Jörn Kaufmann übertrieb es kurz vor Ende des ersten Laufs und fand sich auf dem Hosenboden wieder. Martin triumphierte vor Dennis Kaßburg, dem nach zwei Jahren Pause ein perfektes Comeback gelang und Harald Kaufmann, dem T-Cup-Urgestein aus der schönen Rhön.
Lauf Zwo geriet dann zur One-Man-Show. Oliver Martin, höchstmotiviert durch seinen historischen ersten T-Cup Laufsieg, zelebrierte mit Ansage einen blitzsauberen Start-Ziel-Sieg vor dem bärenstarken Kaßburg, dicht gefolgt von Jörn Kaufmann, der also noch ein halbwegs versöhnliches Wochenende rettete.
Versöhnlich ist hin wie her ein prima Stichwort für diesen Saisonstart in der Lausitz. Nahezu jeder hat wieder etwas dazugelernt, manch einer machte sogar seinen Frieden mit dieser sicherlich sehr anspruchsvollen Strecke. So auch in der zweiten Triumph-Rennklasse: der Challenge.
Ehemals war sie die sehr kleine Schwester des T-Cups. Der brachte es in seiner Sturm- und Drangzeit auf über 40 Starter. Kleine Schwestern wachsen manchmal rapide. Und werden zudem mächtig fix. Die besagte Boygroup mit Leadsänger Tim Holtz und dessen Kumpel Ole Bartschat, machte den Arrivierten vom ersten Training an Druck. Gabriel Noderer, T-Cup-Meister des Vorjahres, ebenfalls hoch gehandelt, haderte derweil mit technischen Zipperlein. Nun, es waren eher schon richtige Gebrechen. Lauf 1 schloss der fixe Jung im für ihn ungewohnten Gefilden ab: Rang 15. An der Spitze hatte Tim Holtz einsam seine Kreise gezogen, mit Respektabstand folgten Max Riebe und Ole Bartschat. Lauf 2 war nur wenige Sekunden ein Spiegelbild des ersten. Schon in der ersten Ecke klappte Max Riebe das Vorderrad ein, der gar nicht mehr so kleine Tim Holtz fuhr daraufhin abermals einem blitzsauberen Start-Ziel-Sieg entgegen. Zweiter: Uwe Geist, langjähriger Challenger und immer für einen Podestplatz gut. Dritter? Ole Bartschat.
Droht ob der Holtzschen Überlegenheit nun Langeweile in der Challenge? Nein, sagen die Kiebitze. Tim ist erster Titelanwärter, ohne Frage. Aber in Hockenheim am 5. und 6. Juni 2015 auf dem langen und schnellen GP-Kurs werden die Karten auch in der T-Challenge neu gemischt.
Link: T-Cup Ergebnisse Lausitzring 2015
Link: T-Challenge Ergebnisse Lausitzring 2015