Was für eine denkwürdige, packende Hitzeschlacht auf dem Hockenheimring: Triumph Street Triple-Cup und die Triumph-Challenge liefern sich am ersten Juni-Wochenende bei bis zu 38 Grad im Schatten phantastische Rennen. In der T-Challenge dominiert Tim Holtz nach Belieben, im T-Cup laufen Triumph-Pressesprecher Uli Bonsels und Jörn Kaufmann zur Form ihres Lebens auf und fordern Oli Martin heraus, der knapp seine Tabellenführung behauptet.
Anfang Juni, Hockenheim. Das kann wettertechnisch alles Mögliche bedeuten. Was haben wir vor drei Jahren gefroren und uns Glühwein gewünscht wegen eines arktischen Kälteeinbruchs. 2015 präsentiert sich das Wetter in der Kurpfalz hingegen genau so, wie man es erwartet: brüllend heiß und schwül wie in Fernost. Genau der richtige Mix für hitzige Rennen im T-Cup und in der T-Challenge auf dem materialmordenden GP-Kurs mit der ultraschnellen Parabolika und der anschließenden Reifeprüfung für jede Bremsanlage. Vom sechsten Gang Vollgas zurück in den ersten Gang vor der berüchtigten Spitzkehre. Nicht jedermanns Sache, verständlicherweise.
Wie auch das neue Startprozedere, dass vom Streckenbetreiber für lizenzfreie Rennserien vorgegeben wird: fliegender Start hinterm Führungsfahrzeug. Das sorgte bei manchem Teilnehmer zumindest für Stirnrunzeln im Vorfeld. Sicher nicht jedermanns Ding, aber, das mögen auch die Kritiker im Nachhinein zugestehen: vier reguläre und ein außerplanmäßiger Start zwecks Abbruchs eines Rennens liefen zackig und ohne Stürze in der schwierigen Nordkurve des Hockenheimring ab. Außerdem lässt sich mit dieser Startvariante wertvolle Zeit sparen, die im Gegenzug in mehr Zeit fürs Rennfahren eingeplant werden könnte für die Zukunft. Also in jedem Fall einen Überlegung wert, so eine fliegende Angelegenheit.
Zu den Rennen. Wieder glänzte der junge Kaufmann, Vorname: Jörn, mit einer beeindruckenden Vorstellung im Training: Pole Position mit einer tiefen 53er-Runde und einem nachweislich 104 PS Naked Bike. Davon träumen so manche ambitionierte Superbiker mit 200 PS plus im Kessel. Lieber Superbiker, jetzt bitte nicht weinen, im ersten Rennen pushten sich die Herrschaften natürlich noch weiter: 53er-Rundenzeiten gehören im T-Cup inzwischen zum guten Ton, so man denn davon träumt aufs Podium fahren zu wollen. Oli Martin legte im beinharten Infight mit Jörn Kaufmann sogar eine 52er-Runde als schnellste Rennrunde vor. Was aber nicht zum Laufsieg reichte. Den holte sich knapp, aber verdient Kaufmann, der den Makel vom Lausitzring damit tilgte. Beim Auftakt in Brandenburg hatte er ebenfalls das Training dominiert, in den Rennen dann aber ganz schön Nerven gezeigt.
Das kennt der Drittplatzierte nicht. Triumph-Pressemann und T-Cup-Urgestein Uli Bonsels hat schlicht keine Nerven. Für ihn sind die Wochenenden aktive Erholung vom Alltag, was er gerne immer wieder betont. Bonsels zeigt sich auf den Strecken immer bestens gelaunt und entspannt, selbst aus der Hektik der Rennen zieht er allem Anschein nach beruhigende Momente, die er in beeindruckende Resultate ummünzt. So schnell wie 2015 ist der inzwischen zu den Ü50 Gehörige noch nie in seinem Leben Motorradrennen gefahren.
Selbiges gilt auch für den Älteren der beiden Kaufmänner mit Vornamen Harald. Der älteste T-Cupper der Saison, wie Bonsels bereits bei der Erstauflage des T-Cups in den wilden 1990ern mit von der Partie, legt ebenfalls eine sehr beachtliche Leistung hin, die sicher auch T-Cup-Gaststarter Jens Kuck, seines Zeichens Co-Moderator des RTL2-Motormagazin Grip ziemlich beeindruckt haben. Kuck, in jungen Jahren sogar mal in der Superbike-IDM unterwegs, machte im Übrigen einen prima Job, zeigte sich stets aufgeräumt und verbreitete gute Laune, warf zudem die Castrol-VIP-Street Triple nicht weg und darf deshalb jederzeit gerne wieder kommen.
Lauf zwo. Abziehbild vom ersten. Fehler im System: Oli Martin rollt schulterzuckend aus, seine Kupplung ließ sich nicht mehr betätigen. Ein ganz hartgesottenere T-Cupper war zwar nach hinterher der Meinung, man könne im Rennen auch ohne Kupplung zurückschalten zur nötigsten Not und somit wenigstens noch wichtige Meisterschaftspunkte einheimsen. Martin entschied sich aber für die sichere Variante und brach das Rennen lieber ab. Somit zog Jörn Kaufmann ziemlich unbeirrt seine Runden und holte sich einen souveränen Doppelsieg. Mit Respektabstand fuhr Uli Bonsels sein bestes T-Cup-Ergebnis ever ein: Rang zwo, gefolgt von Harald Kaufmann, der seinen Ausfall im ersten Rennen somit Vergessen machte. In Sachen Meisterschaftsgesamtstand gilt nach Hockenheim: alles auf Anfang. Die Meisterschaft beginnt quasi in Brünn auf ein Neues. Kaufmann und Martin heißen die Titelkandidaten.
Szenenwechsel: Triumph-Challenge
Wie schon fast zu erwarten war, artete die Challenge zu einer sehr eindrucksvollen One-Man-Show aus. Der immer noch sehr junge, aber gar nicht mehr kleine Tim Holtz dominiert die T-Challenge beinahe schon nach Belieben, wenngleich ihm der letztjährige T-Cup-Champ Gabriel Noderer inzwischen wenigstens in Sichtweite folgen kann nach den anfänglichen massiven technischen Problemen am Lausitzring. Familie Noderer jedenfalls nahm viel Zuversicht mit fürs nächste T-Challenge Wochenende in Brünn. Für alle anderen Herausforderer von Holtz, und davon gibt es von der Papierform her schon den einen oder anderen, gilt: Aktuell ist kein Kraut gegen den Blondschopf gewachsen. Jan Hein beispielsweise, der mit einem zweiten Startplatz überraschte, kam zu spät zur Startaufstellung und musste das 1. Rennen von ganz hinten aufnehmen, was letztlich in einem Sturz endete. Ole Bartschat, Florian Vollmer und Max Riebe lieferten sich ein tolles Duell, folgten Holtz aber mit deutlich Respektabstand.
Um es vorweg zu nehmen: Rennen zwei lieferte ein ähnliches Bild ab. Holtz lässig vorneweg, Noderer unangefochten auf Platz zwei, Florian Vollmer diesmal auf dem dritten Rang, da sein neuer Lieblingsgegner Bartschat sich kurz vor Schluss aus dem Rennen genommen hatte. Unterm Strich maximale Ausbeute für Tim Holtz und überlegene Tabellenführung mit maximaler Punktezahl von 100 (!). Da wird es also allmählich schon Zeit im Hause Holtz sich über eine frühzeitige Meisterschaftsfeier Gedanken zu machen, der FC Bayern steht sicher mit Tipps zur Seite und über die sportlichen Perspektiven für 2016. Ohne falsche Bescheidenheit darf sich die Triumph-Challenge auch wegen der tollen Rundenzeiten von Holtz und Co. als die zweite Kraft im deutschen Hobbycup-Markt fühlen, dennoch würde man dem Nachwuchstalent natürlich mehr ebenbürtige Gegner wünschen, damit die sportliche Entwicklung maximal gefördert wird. Und das geht eben nur über möglichst viele und harte Zweikämpfe.
Schön zu sehen auch bis ins letzte Drittel der beiden Triumph-Serien. Es wird um jeden Meter Strecke gekämpft, was letztlich zu teils deutlichen Verbesserungen der Rundenzeiten über die gesamte Renndistanz führt. Teils wirklich frappierende Unterschiede, die man da im Vergleich zu den Vorjahren feststellen kann. Neben dem Fahrspaß und der vielzitierten Gemeinschaft letztlich der Grund, warum die allermeisten Menschen Hobbyrennsport betreiben.