Jedes Jahr das gleiche Bild: Quälend lange Monate sind vergangen, bis die rennfreie Zeit auch in den Triumph-Series ein Ende hat. Saisonstart auf einer deutschen Traditionsstrecke: dem Nürburgring GP-Kurs. Einer Old-School-Strecke, die nichts von ihrer Faszination verloren hat, wenngleich Superbike-WM oder gar die MotoGP lange nicht bzw. noch nie in der Eifel zu Gast waren. Und auch die IDM legte immer wieder lange Pausen an, zudem wählt die deutsche Erste Liga des Motorrad-Rennsports bei Auftritten die wenig beliebte Kurzanbindung ohne die wunderschön zu fahrende Müllenbach-Schleife, die neben dem ultraschnellen Hatzenbach-Bogen das Salz in der vielzitierten Suppe darstellt.
Und auch das häufig sprichwörtlich Eifelwetter spielte nun schon zum dritten Mal in Folge ganz prima mit. Hat man den ganzen Hassel um den Bezug des komplett verplanten Fahrerlagers dann mal durchstanden, dürfen die Eifelfestspiele des Hobbyracing, ausgerichtet vom Dortmunder Motorsport Clubs endlich beginnen.
Alles, wirklich alles, war vorbereitet, doch schon vor Start der T-Series-Saison häuften sich die Hiobsbotschaften in Form von Absagen, wie zum Beispiel vom Youngster Luca Göttlicher, der sich beim vorangegangenen IDM-Auftakt Sachsenring unter anderem Handverletzungen zugezogen hatte. Aber auch Newcomer Nikos Delis strich vorzeitig die Segel und trat die Reise in die Eifel erst gar nicht an.
Um es klar zu sagen: Die IBPM Superbike 750, mit der die T-Series seit 2023 gemeinsame Sache macht, hätte fürwahr deutlich mehr Starter verdient. Während in aktuell populären Klassen, wie dem BMW S1000RR-Cup, der Superbike 1000 oder der Supersport 600 wahrhaft würdige Felder an den Start drückten, schaute das SBK 750 auf dem langen Nürburgring GP-Kurs deutlich luftiger aus.
Ein Umstand, der dem Tatendrang unserer Protagonisten aber keine Abbruch tat. Im Gegenteil.
Allen voran das Siegerland-Duo Infernale Lukas Kretzer und Christian König, ihres Zeichens die Vorjahresmeister in den Klassen T-Challenge bzw. T-Cup. Schon in den ersten Trainingssitzungen ließen die beiden drahtigen Jockeys überhaupt keinen Zweifel aufkommen, mit wem wer auch immer um die Meisterentscheidung kämpfen mag. Wobei beim frisch gebackenen Papa Lukas Kretzer ein klares Fragezeichen über der Teilnahme an allen Meisterschafts-Meeting steht. „Family first“ lautet auch im Siegerland das Credo.
Neben den Arrivierten gab es in der Eifel aber gleich mehrere großartige Comebacks, allen voran die beiden Brothers from other Mothers: Oli Martin und André Reinke, die Nordland-Connection. Beide mit einer eindrucksvollen Triumph-Series-Geschichte, an der sie jahrelang federführend beteiligt waren. Vor allem Oli kennt die Höhen, aber auch die Tiefen unseres geliebten Sports. Manch andere wäre nach den massiven Verletzungen, die er bei einem Rennen in Most erlitten hatte, nie wieder auf ein Motorrad gestiegen, gar mit der verrückten Idee wieder Rennen zu fahren. Nicht so Oli Martin. Er baute nebenbei einen erfolgreichen Handwerksbetrieb aus und fuhr trotz langer Rennabstinenz sofort aus Podest in der T-Challengen. Kumpel André Reinke tat es ihm im T-Cup gleich. Comeback nach Mass. Besser geht fast nicht.
Möchte man auch von einem Überraschungs-Comebacker behaupten: Sven Pospisil. Der Mann aus Recklinghausen ist vor allem Triumph-Fan und Opionleader diverser Triumph-Foren. Der Mann hat Triumph-Gene, obwohl er im Sold eines fernöstlichen Autogiganten steht. Rennstrecke liebt Sven ebenfalls, diese Liebe stößt aber nicht immer auf Gegenliebe. Meint Sven. Deshalb beendete er seinen Racing-Einstieg in die T-Series vor einigen Jahre auch abrupt. Der Unterschied zwischen gelegentliche Renntrainings und richtigen Motorradracing ist eben ein gewaltiger, noch dazu, wenn man sich den Kopf darüber zermarterter, was denn alles schiefgehen könnte. Unter diesen Vorraussetzungen muss man den Hut ziehen vor Possi. Die Formkurve passt, das Sturzpech blieb fern und dazu kümmerte er sich fast väterlich um unseren Neueinsteiger Mustafa Barasik. Einem Lübecker Jung mit Null Rennstrecken-Erfahrung. Ein absolutes Greenhorn, das im ersten Lauf vor Rennende rausfuhr, weil er der schnellen Spitze beim Überrunden nicht im Weg stehen wollte. So viel Höflichkeit in Ehren nahm ihm die versammelte T-Series-Truppe ins Gebet, das zweite Rennen doch bitte bis zur Zielflagge zu fahren. Was er denn auch pflichtbewusst tat, dies mit deutlich verbesserten Rundenzeiten. Well done, Mustafa!
Gilt uneingeschränkt für unseren Gast Krispin Klein, der ebenfalls seine ersten Rennen bestritt und eigentlich doch nur im freien Training am Donnerstag etwas Triumph-Luft schnuppern wollte. Unverhofft kommt eben oft. Oder aber T-Series-Konstante Ulf Bauerochse, der den Nürburgring vor dem Auftakt noch als klare Nicht-Lieblingsstrecke deklariert hatte. Doch plötzlich platze der Knoten, denn Ulf verbesserte sich um gefühlte Lichtjahre im Vergleich zu den Vorjahren.
So ging es dem Gros des Feldes. Die GP-Strecke, vom Layout her mit Brünn vergleichbar, sieht man einmal vom fiesen Haug-Haken ab, gilt zurecht als eine sichere Strecke mit sehr solidem Trockengrip. Insgesamt verzeichnete die T-Series nur einen Rennsturz von Neueinsteiger Max Herzog, der ganz klar auf einem sehr optimistischen Ausbrems-Manöver des jungen Wilden beruhte. Drei auf einmal ist trickreich. Darüber ärgerte sich vor allem Marcel Ingold, eigentlich die Schweizer Ruhe in Person. Schon in Rennen 1 musste er sich im Duell seinem Eidgenossen Ron Ruch um einen Wimpernschlag geschlagen geben, im Rennen 2 vereitelte der Sturz von Max Herzog eine Revanche an Ron, diesem Schweizer Schwiegermutter-Liebling, der auf der Rennstrecke aber ganz offensichtlich keine Gefangenen macht, was ihm intern den Spitznamen „Ron, der Ruchlose“ einbrachte.
Dieses also war der erste Streich. Der zweite folgt auf der Kultrennstrecke in Schleiz 14.-16.6.2024. Wer mit einem Gaststart in den T-Series liebäugelt, sollte sich sputen. Auf der sehr beliebten thüringischen Naturrennstrecke sind im Rennen nur 39 Starter zugelassen.
9. Rennen Most | 10. Rennen Most | GESAMT | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
Triumph-Challenge 2024 | ||||||
1 | Göttlicher | Luca | T-Challenge | 25 | 25 | 175 |
2 | Bauerochse | Ulf | T-Challenge | 20 | 20 | 175 |
3 | Kretzer | Lukas | T-Challenge | dns. | dns. | 130 |
4 | Delis | Nikos | T-Challenge | 16 | 16 | 114 |
5 | Martin | Oliver | T-Challenge | dns. | dns. | 65 |
6 | Herzog | Max | T-Challenge | 13 | 13 | 59 |
7 | Borchardt | Gregor | T-Challenge | dns. | dns. | 33 |
Triumph-Cup 2024 | ||||||
1 | Reinke | André | T-Cup 765 | 20 | 20 | 206 |
2 | König | Christian | T-Cup 765 | 25 | 25 | 200 |
3 | Ingold | Marcel | T-Cup 765 | 13 | 13 | 147 |
4 | Ruch | Ron | T-Cup 765 | 16 | 16 | 129 |
5 | Czichowski | Dino | T-Cup 765 | 10 | 10 | 95 |
6 | Barasik | Mustafa | T-Cup 765 | 9 | 9 | 89 |
7 | Heiberger | Alwin | T-Cup 765 | 11 | 11 | 43 |
8 | Pospisil | Sven | T-Cup 765 | dns. | dns. | 33 |